Yoga in Zeiten von Corona

Meine persönlichen Erfahrungen in der Corona-Krise sind, zumindest was meine Yoga-Praxis betrifft, ausgesprochen positiv. Ich hab noch nie so viel Yoga geübt wie in den letzten Monaten. Das bezieht sich nicht nur auf die Zeit, sondern auf die Vielfalt und Breite meiner Praxis. Ich hatte früher schon Phasen, wo ich mich zwei Stunden und länger mit gewisser Regelmäßigkeit auf der Matte beschäftigt habe, heute sind meine Praktiken kürzer, dafür effektiver. Und der Tag enthält manchmal bis zu vier oder fünf verschiedene Yoga-Einheiten: darunter Asana-Praxen zu verschiedenen Themen, Pranayama, Meditation, Augenyoga, Mantra, also die ganze Palette, und das ist sehr wohltuend für Leib und Seele. Ergebnis der eigenen Praxis ist auch, dass ich jüngst zwei Stellungen erstmals gemeistert habe – das ist meinem Alter nicht mehr selbstverständlich (Krishnamacharya soll mal gesagt haben, dass man über dreissig keine neuen Stellungen mehr lernen würde).

Inhaltlich haben sich meine Praktiken viel mit dem Lymphfluss und dem Energiefluss der Wirbelsäule beschäftigt, was sich auch in den Semester-Kursthemen widerspiegelt. Ich hab auch Übungen aus längst vergangenen Jahren ausgegraben und so abgewandelt, dass sie mit der Krishnamacharya-Tradition harmonieren, zB einige von Shandor Remete, der berühmt war für harmonische Abläufe und viele Hockübungen.

Meine Yoga-Praxis wurde zuletzt auch durch meine kinesiologische Arbeit stark beeinflusst. Ähnliches ist mir zwar aus früheren Jahren bekannt, aber nicht in dieser Häufigkeit. Relativ oft kann ich kinesiologische Störfelder, die ich an mir teste, durch Yoga-Übungen ausgleichen. Das betrifft viele meiner Lymph- und Augenyogaübungen. Erst heute hab ich zB Stress im Kiefergelenk (wegen zu geringer Bisshöhe) kinesiologisch getestet. Intuitiv ist mir eine Version der Heldenstellung eingefallen, nach deren Ausführung der Stress nicht mehr getestet hat. Auf diese Weise lerne ich die tieferen Wirkungen von Yoga kennen, die weit über den Bewegungsapparat hinausgehen, und auch mein Unterricht profitiert davon. Es zeigt sich, dass Yoga-Asanas eine tiefe Wirkung auf die Organe haben kann und auch bei der Entgiftung wertvolle Dienste leistet.

Mein zunehmend intuitiver Zugang zum Yoga ist mir auch im Gruppenunterricht behilflich. Ich hab auch früher schon versucht, intuitiv zu erfassen, was für meine jeweilige Gruppe im Moment die richtige Praxis sein könnte. Neu ist, dass ich nicht nur das „Was“ (welche Übungen oder welche Übungsweise für wen) erspüre, sondern auch das „Warum“, also worauf die Praxis abzielt und welche Themen mit den Übungen erreicht werden können.

Abgesehen von diesen positiven Seiten hat der Lockdown aus meiner Sicht wenig Gutes, vielleicht abgesehen davon, dass ich ohne die Ausnahmesituation des letzten Jahres vielleicht nicht erfahren hätte, für wie blöd wir von Politikern und Mainstream-Medien verkauft werden.