In letzter Zeit messe ich dem Nachspüren im Yoga eine größere Bedeutung bei als zuvor. In meiner eigenen Praxis nehm ich mir dafür manchmal mehr Zeit, als ich es meinen Teilnehmern im Kurs zumuten würde. Ich nehm das zum Anlass für ein paar Gedanken zu diesem meines Erachtens wichtigen Aspekt des Yoga. Diese sind eher als Anregung fürs eigene Üben gedacht, weniger als Beschreibung meines Unterrichts.
Nachspüren kann man auf verschiedenen Ebenen
Beim Nachspüren gibt man dem Körper Zeit, die Wirkungen einer Praxis zu verarbeiten. Dazu wechselt man in eine neutrale Position und lenkt die Aufmerksamkeit darauf, was im Körper passiert, wenn er aus der Haltung gekommen ist. Man beobachtet körperliche Veränderungen in den Bereichen, die man bewegt hat, und wird vielleicht erstaunt feststellen, dass die Wirkung ganz woanders auftritt. Man kann wahrnehmen, wie der Atem sich verändert hat und wird vielleicht auch Emotionen spüren, die ausgelöst wurden oder sich laufend verändern. Diese Emotionen müssen nicht das Resultat der Übung sein, sie können auch mit Bewertungen zusammenhängen, die gerade im Kopf ablaufen oder aus dem Wechsel von Anspannung zu Entspannung entstehen.
Was ist der Sinn von Nachspüren?
Da die Energie der Aufmerksamkeit folgt, kann man sagen, dass durch Nachspüren die Wirkung eines Asana verstärkt wird, oder noch genauer: je besser man eine Wirkung nach einer Haltung spürt, desto stärker wird diese Wirkung. Man erntet beim Nachspüren gewissermassen die Früchte, die man vorher gesät hat. Ich vermute, dass manche dieser Früchte sofort geerntet werden wollen – wenn man sich dafür entscheidet, gleich weiter zu üben, ist die Wirkung 10 min später nicht mehr in derselben Intensität erfahrbar.
Die Abhängigkeit der Wirkung einer Haltung von der Art des Nachspürens bedeutet auch, dass eine Asana stärker auf den Atem wirkt, wenn man sich beim Nachspüren darauf fokussiert, hingegen die körperliche Wirkung dann stärker wird, wenn einem diese interessanter erscheint.
Mehr als nur Zwischen-Entspannung
Das Nachspüren hat auch den Effekt einer Kurz-Entspannung, und kann Ausgleichshaltungen für anspruchsvolle Übungen ganz oder teilweise ersetzen. In manchen Positionen wie zum Beispiel bei Umkehrstellungen ist es recht verbreitet, sich zuerst ein bisschen dem stillen Nachspüren hinzugeben, bevor man Ausgleichshaltungen macht. Meine eigene Erfahrung (beim wiederholten Üben derselben Praxis) ist, dass, wenn ich eine Serie herausfordernder Übungen ohne kurze Zwischenentspannung mache, ich am nächsten Tag eher zu muskulären Verspannungen neige, als wenn ich dem Körper zwischen den Haltungen etwas mehr Zeit gebe.
Je feiner die Achtsamkeit, desto eher profitiert man…
Es gibt Yoga-Traditionen, bei denen nach jeder Haltung ein kurzes Savasana (die Liegeposition für die Schlussentspannung) geübt wird. In meinen Yoga-Anfangsjahren konnte ich damit nichts anfangen und hielt es für Zeitverschwendung. Heute sehe ich das etwas anders. Mir ist allerdings klar, dass lange Nachspürphasen nicht für jedermann immer passen. Für mich persönlich ist es tages- und stimmungsabhängig, wie lange ich mir Zeit zum Nachspüren nehme. Und für Yoga-Übende ist das Nachspüren auch ein Lernprozess. Am Anfang spürt man noch wenig, da macht es nicht viel Sinn, sehr viel Zeit darauf zu verwenden. Kurze Nachspürphasen halt ich dagegen immer für wichtig. Einerseits, um die Achtsamkeit zu schulen, andererseits um sich immer wieder zu zentrieren und neu auszurichten.
Der Zusammenhang zur Kinesiologie
Der Anlass für meine verstärkte Hinwendung zum Nachspüren hat mit der Kinesiologie zu tun. In der Kinesiologie bringt man den Körper in Entspannungs (Yin-) oder Aktivitäts (Yang-) Zustände, man regt also durch verschiedene Maßnahmen absichtlich oder unabsichtlich das sympathische oder parasympathische Nervensystem an.
Da ich durch das häufige kinesiologische Testen eine Sensibilität für diese Zustände entwickelt habe, nehme ich sie auch im Yoga deutlicher wahr. Das Nachspüren selbst verstärkt immer einen Yin-Zustand, unmittelbar nach einer Haltung – vor allem, wenn man an seine Grenze gegangen ist – ist man dagegen meist noch im Yang, das dann allmählich umschlägt in einen Yin-Zustand. Kinesiologisch lässt sich das in jedem Moment testen…
Nachspüren kann den inneren Heiler in dir aktivieren
Speziell in der von mir praktizierten Lichtkinesiologie wartet man nach energetischen Inputs (zB in der Arbeit mit Bio-Photonen-Spiegeln) in der Regel, bis der Yin-Zustand verklungen ist. Warum macht man das? Ein Yin-Zustand ist ein Heilzustand. Der Körper ist in Regeneration und setzt die Heilimpulse, die er vorher bekommen hat, unmittelbar um. Diese Wartezeiten sind also keine verlorenen Zeiten, sondern führen zu einer Selbstregulation. Wenn der Körper während der Sitzung in einem Heilzustand einen vorher getesteten Stress selber löst, brauch ich weniger mit anderen Maßnahmen wie zB Nahrungsergänzungsmitteln nachhelfen. Der Yin-Zustand kostet ausserdem nichts ausser die dafür benötigte Zeit…
Wenn ich diese Analogie aufs Yoga anwende, kann man Asanas als Medikament oder als energetische Maßnahmen sehen, die unmittelbar einen Selbstheilungsprozess auslöst. Und dieser Heilzustand hat einen vermutlich auch messbaren Effekt. Falls ich den einen oder anderen dazu motiviert habe, nach dem Üben ein wenig in sich hineinzuhorchen, freut mich das. Du kannst mir gern auch ein Feedback zu Deinen Wahrnehmungen schreiben. Wenn Dir dagegen 1-2 Atemzüge Pause nach einem Asana reichen, ist das natürlich genauso ok. Spätestens bei der Schlussentspannung hast Du ja nochmal ausführlich Gelegenheit, in ein tiefes Yin zu kippen.