Das Schöne am Yoga ist, dass man nie auslernt, zumindest kommt es mir so vor. Das betrifft sowohl die körperliche Praxis, als auch die anderen Aspekte wie zB die Yoga-Philosophie. Seit letztem Jahr bin ich wieder mal in einer Weiterbildung, diesmal widme ich mich drei Jahre lang unter Srirams Anleitung dem Studium des Yoga-Sutra sowie anderer Quelltexte des Yoga (insbesondere der Bhagavadgita und der Hatha Yoga Pradipika). Auch wenn ich das Yoga Sutra schon oft gelesen und einige Kommentare darüber gehört habe, so sind die Ausführungen von Sriram, dem wahrscheinlich besten Kenner dieses Werks im deutschsprachigen Raum, eine große Bereicherung. Gerade vom Yoga Sutra gibt es ziemlich abenteuerliche Übersetzungen, die nichts mehr mit dem Urtext zu tun haben, der knappe Stil des Werks lässt aber auch viel Raum für Interpretation. Krishnamacharya, der Vater und Lehrer von Srirams Lehrer Desikachar, war selbst ein berühmter Gelehrten in der indischen Philosophie.
Was für mich neu und faszinierend ist an der Wiederbeschäftigung mit dem Yoga Sutra: die Philsophie kann auch ein Leitfaden sein, um die eigene Praxis, aber auch das Leben im Alltag auszurichten. Zum Beispiel in dem man immer wieder über Themen des Yoga Sutras reflektiert. Sriram regte uns zB dazu an, uns mit den Hindernissen im Yoga (den antarayas, es sind die einfacheren Hindernisse, für die auch Gegenmittel im Yoga Sutra angeführt sind) auseinanderzusetzen. Zur Zeit beschäftige ich mich dagegen regelmäßig mit dem Begriffspaar Gier und Abneigung. Yoga Philosophie in dieser Art zu integrieren, ist für mich gelebtes Swadhaya (übersetzt: Selbst-Studium). Swadhyaya es zählt zu den fünf yamas, den fünf Disziplinen, dem zweiten Schritt des Achtfachen Pfades von Patanjali.